Heimatverein Steinfeld e.V.

Von alter Zimmermanns-Tradition -
„Confiteor“ bis  zum „Sargarchitekten“
von Stephan Honkomp

Auch die Familie des später unter dem Pseudonym „Sargarchitekt“ bekannt gewordenen Franz Overmeyer kann auf eine genealogisch lange Familiengeschichte zurückblicken, ja sogar noch älter ist als das gemeinhin bekannte Stammhaus der Overmeyers. Ja, es geht sogar zurück bis in die Zeit des Zellers Cort (Over)meyer (+1676) aus Düpe, zurück auf den heute unter dem Namen „Wilkemeyer, Meyer, Varelmann“ bekannten Hof.

Nächstes wichtiges genealogisches Merkmal ist die Geburt von Johann Arend Overmeyer (1732-1817), der 1764 Anna Maria Elisabeth Haskamp heiratete. Johann Arend ist von Beruf Zimmermann und zeugt mit seiner Frau sechs Kinder. Aus dieser Generation ist übrigens Hermann Anton auch „Sandschmitt“ genannt) unter der Adresse der heutigen Diepholzer Str. 16  zu finden, während dessen älterer Bruder Johann Heinrich das Zimmermanns Handwerk weiterverfolgt und der erstgeborene Franz Josef Arend als Schmied eine andere Familiendynastie im Popenberg ins Leben ruft. Bei den „Sandschmitts“ beginnt auch die Linie des heutigen Hauses Clemens Overmeyer .

Aber zurück zu den „Zimmerleuten“: Der Zimmermann heiratet 1795 Maria Elisabeth Klusmann. In diese Zeit dürfte auch die Entstehung des Beinamens „Äwers oder Äwert“ entstanden sein, denn der Vater der Braut hieß mit dem Vornamen Ewert. Vermutlich heiratete Johann Henrich ein und übernahm den Vornamen als „Beinamen“. Ewert Klusmann war auch nicht ganz unvermögend, da er über einigen Grundbesitz verfügte.

Deren Erstgeborener Sohn Franz Josef Henrich O. (1795-1846)  hält das Handwerk weiter hoch – zumal alle anderen sechs Geschwister im Kindesalter sterben. Er ist auch 1836 als Eigentümer der Flurstücke 15 und 16 der Flur XII „Sahlfeld“ im Urkataster eingetragen. Overmeyer heiratet 1824 Maria Franziska Wittrock.  Ihr Vater war übrigens Pfeifenfabrikant. Sechs Kinder zählen zu dieser Ehe. Und am 27. 1.1864 heiratete der Zimmermann und Windmühlenbauer Bernard Franz Overmeyer (1827)  Josephine Haskamp (1839). Die beiden waren übrigens im 3. Grade blutsverwandt, hatten sechs Kinder, von denen Franz Bernard (1864-1938) als Zimmermann den Betrieb des Vaters übernahm. Weitere fünf Geschwister gesellten sich hinzu. U.a. Maria Elisabeth (1875-1954), die Franz August Honkomp heiratete oder der ewig Zigarre qualmende Onkel Franz (1880-1962) der allerdings nur 20 Jahre alt wurde, weil er am 29.2.1880 geboren war. Onkel Franz hatte übrigens den Beinamen „Confiteor“. Der Name blieb lange erhalten und wurde auch auf den Neffen, „Äwers Fränzi“, übertragen.

Mit fast 50 Jahren heiratet Franz Bernard Rosa gr. Schürmann („Äwers Rosa“ 1890-1970), die u.a. lange den Zimmerei- und Sägereibetrieb führte. Von Franz Bernard O.  wird erzählt, dass er schon nach der Mutter seiner späteren Frau „gefreit“ hatte, die ihm allerdings einen „Korb“ gab. Er soll damals gesagt haben, „........dann teuw ick äbend up diene Dochter!“ Am Hochzeitstage soll ihn die Braut abgeholt haben, er war allerdings noch nicht fertig im Hochzeitsstaat. Darauf soll die Braut Rosa zu seinem 16 Jahre jüngeren Bruder Franz gesagt haben, „Franz, dann kumm du man mit mi mit!“

Aus der Ehe von Franz Bernhard und Rosa stammten 3 Kinder, nämlich Maria, die Lehrerin wurde und den Viehhändler Farwick aus Bakum heiratete, Franz und Anna, die den Bauern Prante aus Wellingholzhausen bei Melle heiratete.

1946 brannte die Werkstatt ab - wurde aber wieder aufgebaut. Die Lagerschuppen wurden wegen Baufälligkeit 1970 abgerissen. Auf dem großen Holzlagerplatz südlich des Wohnhauses stand jedes Jahr Ende Juli/August der Dreschkasten von Heinrich Sprehe aus Ondrup. Dort kamen alle Dörfler mit ihren kleinen Fuder Roggen oder Gerste zum sommerlichen Dreschen.

„Äwers“ Rosa  war bekannt für ihre Großzügigkeit gegenüber Flüchtlingen und Bettlern, besonders in der Nachkriegszeit. So in den letzten Kriegsmonaten. Ausgebombte aus dem Ruhrgebiet hatten bei Overmeyers gewohnt  und als der Krieg zu Ende ging, starb der Opa der „ausgebombten“ Familie in Steinfeld. Daraufhin fertigte Onkel Franz einen doppelbödigen Sarg an, dichtete ihn sorgfältig ab. In dem unteren Teil des Sarges wurde Wurst und Speck gepackt, in der Etage darüber die Leiche verstaut. So wurde der Tote ins Ruhrgebiet geschafft und mit ihm die gehamsterten Würste und Speckschwarten.

Links vom Hause, da wo früher die gut 150 m lange legendäre „Pissgasse“ endete, steht noch heute ein imposanter Kastanienbaum. Dort verbrachte man als Kind im Herbst so manche schöne Zeit, wenn man mit einem kleinen Brettchen und Stöcken die Kastanien vom Baum herunterholte. Bekannt waren bei den Schülern der nahen Schule die Birnenbäume.

Architekt Franz Overmeyer hatte praktisch Anfang der 60iger Jahre seinen Zimmereibetrieb und sein Architekturbüro in Steinfeld aufgegeben. Vermutlich über Vermittlung vom Stadtbaurat a.D. Dr. Max Dietrich Freitag (1909-1965) aus Bielefeld, den er von der Hochschule kannte, gelang es ihm, im Bauamt einer Stadtverwaltung unterzukommen (ich glaube es war irgendwo im Ruhrgebiet). Dr. Freitag, der als versoffenes Genie galt, kam 1962 an die Ziegelstraße. Er wurde am 27. März 1965 ertrunken am Klärteich in den Dammer Bergen tot aufgefunden.

Franz Overmeyer heiratete 1965 noch recht spät Maria Arndt und zog nach Wickede /Ruhr. Zwei Kinder hatten die beiden. Sporadisch kehrte er Jahr für Jahr im Sommer für einige Wochen ins elterliche Haus zurück, wohl auch um die Miete zu kassieren. Er „sprühte“ dann regelrecht vor Ideen, die das Dorf wach hielten. Er baute Särge und prüfte deren Imprägnierung auf dem Dümmer See. Öffnete nach dem Sport bzw. zur Kirmes die Werkstatt zu einem „Tag der offenen Tür“ - mit Schankerlaubnis versteht sich. Bei vielen noch sehr gut in Erinnerung: Ende der 80er Jahre hatte er auf dem Pferdemarkt am Stoppelmarktsmontag eine Rinderzucht aufgekauft. Die „Rinderzucht“ hatte sich allerdings an der Ziegeleistraße selbständig gemacht und die Ordnungshüter hatten alle Hände voll zu tun, die Tiere wieder einzufangen. Nach dem Tod von Franz und Maria Overmeyer (in Werl) verkauften die Erben das Anwesen 1998 an das St. Franziskus Stift. Im gleichen Jahr wurde auch die Werkstatt abgerissen. Das im Kern  rd. 200 Jahre alte Wohnhaus stand seit 1999 leer und wurde im Mai 2004 wegen diverser Bautätigkeiten am St. Franziskus Stift abgerissen. Die alte Kastanie steht aber noch.



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